Was ist Recovery?

Recovery – Ein ressourcenorientierter Ansatz

Unterstützung zur Selbsthilfe, Ermutigung und Empowerment sind heute Elemente, die in der Zusammenarbeit mit (psychisch) erkrankten Menschen allgegenwärtig sind. Der Recovery-Ansatz stellt eine Möglichkeit dar, diese Faktoren konzeptionell mit einzubeziehen und dient als Basis für die Haltung der Pflegenden und für übergeordnete Pflegekonzepte und Modelle (H. Peplau, M. Krohwinkel) des ZfPs Emmendingen.

Der englische Begriff Recovery bedeutet Genesung oder Erholung. Das Recovery-Konzept wird meist als ein Prozess verstanden, der nicht nur auf die Genesung oder Erholung von einer Krankheit zielt, sondern in dem Betroffene trotz und mit weiter bestehenden psychischen Problemen ein zufriedenes und aktives Leben führen können. Recovery ist eine gesundheitsorientierte und prozesshafte Einstellung, welche Hoffnung, Wissen, Selbstbestimmung, Lebenszufriedenheit und vermehrte Nutzung von Selbsthilfemöglichkeiten fördern will und damit auf die (subjektive) Lebensqualität trotz psychischer Krankheit zielt. Der Recovery-Prozess verläuft dabei individuell und nicht linear.

Recovery-verwandte Konzepte

Empowerment stammt aus der nordamerikanischen Emanzipationsbewegung und bedeutet „Selbstbefähigung“ oder „Selbstermächtigung“ und zielt darauf ab, Stärke und Kraft zurückzugewinnen. Empowerment ist ein Bestandteil des Recovery-Konzeptes.

Bedeutung von Empowerment für psychiatrisch Pflegende

  • Begegnen Patienten mit Anerkennung und Wertschätzung
  • Arbeiten ressourcen-orientiert
  • Fragen nach Stärken, Interessen, Bedürfnissen, Befürchtungen des Patienten
  • Haben eine Vorbildfunktion
  • Versuchen mit Patienten gemeinsam Veränderungen anzustreben

Als Bedingung zur Entwicklung von recovery-wirksamen Faktoren wie Hoffnung, Empowerment, Optimismus, Wissen, Lebenszufriedenheit und vermehrter Nutzung von Selbsthilfemöglichkeiten sind innere und äußere Voraussetzungen notwendig. Als wichtige Vorbedingung gilt die Berücksichtigung und Behandlung der krankheitsbedingten Symptome und der medikamentös bedingten Nebenwirkungen. Zu den inneren, personenzentrierten Merkmalen von Recovery gehören z. B. Hoffnung und Empowerment. Zu den äußeren Faktoren zählt die soziale Unterstützung oder der Zugang zu einem  Unterstützungsangebot.

Definition

Eine vielzitierte Definition des Recovery-Begriffes von William A. Anthony lautet: „Recovery ist ein zutiefst persönlicher, einzigartiger Veränderungsprozess der Haltung, Werte, Gefühle, Ziele, Fertigkeiten und Rollen. Es ist ein Weg, um ein befriedigendes, hoffnungsvolles und konstruktives Leben, trotz der durch die psychische Krankheit verursachten Einschränkungen zu leben. Recovery beinhaltet die Entwicklung eines neuen Sinns und einer neuen Aufgabe im Leben, während man gleichzeitig über die katastrophalen Auswirkungen von psychischer Krankheit hinauswächst.“

Inhalte und Aspekte von Recovery

Die Inhalte und Aspekte von Recovery bilden sich folgendermaßen in der psychiatrischen Pflege ab:
 
Recovery Ansatz Psychiatrische Pflege
Ziele Ein zufriedenes und erfülltes Leben, gesellschaftliche Integration, Genesung Bewältigung des Alltags, Erhaltung, Anpassung, Wiederherstellung physischer, psychischer, sozialer Funktion
Perspektive Zufriedenes Leben ist für alle Betroffenen möglich. Manchmal gelingt auch eine völlige Genesung von Krankheit und deren Folgen

Größtmögliches Maß an seelischer Gesundheit und Wohlbefinden im konkreten Alltag

Hilfen Alle Hilfen, die Wohlbefinden, individuelle Bewältigung der Erkrankung und Auseinandersetzung fördern, Peer-Support erhält hohe Bedeutung

Strategien partnerschaftlicher Beziehung mit Betroffenen (Pflegekonzepte wie Coping, Selbstpflege, Realitätsbezug, Wohlbefinden)

Hoffnung Wird als Voraussetzung und wichtiger Entwicklungsschritt für Recovery verstanden. Die Förderung von Hoffnung wird als Auftrag für professionelles Arbeiten gesehen Hoffnung wird als Konzept in der (psychiatrischen) Pflege verwendet, z. B. Pflegediagnose: Hoffnungslosigkeit
Selbsthilfe Selbsthilfe ist zentral für den Recovery-Prozess. Ohne Selbsthilfe ist Recovery nicht möglich. Selbsthilfeförderung ist selbstverständliches Element jedes Behandlungsangebotes Selbstpflege nimmt eine zentrale Stellung ein
Selbstverantwortung Die Übernahme von Selbstverantwortung ist ein wichtiger Entwicklungsschritt für Betroffene. Ihre Förderung ist Auftrag für die professionelle Arbeit. Selbstverantwortung bedeutet auch, den eigenen Anteil an der Aufrechterhaltung der Erkrankung anzuerkennen Selbstverantwortung wird gefördert, Patienten werden in den Pflegeprozess einbezogen. Patienten werden motiviert, Selbstverantwortung für den Einsatz ihrer Ressourcen zu übernehmen